Ein Pionier der Berufswahlschule 

(Nachruf zum Tod von Richard Beglinger von Rudolf Stucki, Riehen) 

Richard Beglinger mit seiner Berufswahlklasse 1965/66, die damals noch Werkklasse genannt wurde, beim Hebelschulhaus. Der zweite Schüler von links vorne ist der Autor dieses Nachrufs.

Ende der 1950-er Jahre zog es manche Lehrer aus der Ostschweiz nach Riehen, weil es hier offene Stellen und somit Arbeit gab, welche in der Heimat offensichtlich nicht angeboten werden konnte. Unter ihnen fand sich auch der junge Richard Beglinger, der alsbald im Hebelschulhaus eine Sekundarklasse übernahm. Damals endete die obligatorische Schulzeit noch nach 8 Jahren und weiterführende Schulen waren im Kanton kaum und in Riehen überhaupt nicht vorhanden. Dies erkannte Richard Beglinger als Mangel und er trieb ein Projekt voran, in Riehen eine Berufswahlklasse, damals noch „Werkklasse“ genannt, zu etablierten. Im Frühling 1964 konnte er in den ehemaligen roten Kindergartenbaracken mit einer Klasse ausschliesslich für Knaben damit starten und blieb in der Folge Werklehrer, bis er 1975 zum Rektor der Sekundarschulen Grossbasel ernannt wurde. Ab 1979 wurde Beglinger zusätzlich die Leitung der Berufswahlschule Basel übertragen, deren Gründung er selbst im Anzug im Grossen Rat berantragt und initiiert hatte.

Zur Bedeutung von Beglingers beruflichem Wirken finden sich im Basler Stadtbuch folgende Zeilen, welche Paul Schorno 1991 zu Beglingers Pensionierung verfasste: Er erkannte früh die Bedeutung und Wichtigkeit der Berufswahlvorbereitung auf der Sekundarstufe und es war ihm sehr daran gelegen, dass gerade diese sonst oft benachteiligte Schülerschaft mit möglichst guten Chancen ins Berufs- und Erwachsenenleben eintreten konnte. Beglinger leistete bei der Verwirklichung dieser Absicht Pionierdienste, präsidierte auch die Kommission für ein kantonales Gesetz über die Berufsbildung und wirkte an entscheidender Stelle beim Aufbau eines Amtes für Berufsbildung mit. Weiter war er Präsident der schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Berufswahllehrer und hatte auch Einsitz im Kuratorium von Jugend und Wirtschaft. Sein Handbuch für Lehrer und Berufsberater wurde ein beachtetes Standardwerk.

Eine besondere Ehrung erfuhr Beglingers pädagogisches Schaffen darin, dass die Fachkommission Berufliche Orientierung (FK BO) des Dachverbands der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) einen „Richard Beg-linger Preis“ schuf, welcher fortan alle zwei Jahre für ausserordentliche Bemühungen und ausgezeichnete Arbeiten in der Beruflichen Orientierung und zur Berufsfindung von Jugendlichen vergeben wird.

Während seiner Zeit in Riehen wurde Beglinger Gemeindebürger und politisierte einige Jahre in der SP im Einwohnerrat. In dieser Eigenschaft war er massgeblich daran beteiligt, dass die Gemeinde zu ihrem Spielzeug- und Dorfmuseum kam. Später vertrat er seine politischen Interessen bei der Demokratisch-Sozialen Partei (DSP) im kantonalen Grossen Rat.

Nach der Pensionierung wurede es ruhiger um Richard Beglinger, der seinen Lebensmittelpunkt ins Oberbaselbiet verlegt hatte, wo er am 6. Februar 2023 in seinem 92. Altersjahr in Anwil verstarb.

Trauerkarte Richard Beglinger